Vom statischen Messen bis zu den Werten durch einen Launch-Monitor - das erste Custom Fitting ist eine ganz besondere Erfahrung, die man nicht so schnell vergisst. Hier erklären wir Dir, wie der Ablauf aussieht.
Gleich vornweg, denn es ist ein wichtiger Punkt: Ein Custom Fitting im Golf ist nicht nur für exzellente Amateure und Profis sinnvoll. Ganz im Gegenteil: Die größten Verbesserungen werden bei mittleren und hohen Handicaps erzielt. Das heißt zwar nicht, dass man mit Vorgabe 54 sofort zum nächsten Club-Fitter rennen muss, aber wenn Du bereits ein paar Jahre spielst und Deinen Schwung - und die dazugehörigen Tendenzen - halbwegs gefunden hast, ist ein Besuch bei einem Schläger-Fitter durchaus sinnvoll.
Bestandteile des Schlägerfittings
Und so sieht ein Besuch dann meistens aus (eine Buchung muss meistens vorab reserviert werden). Bevor es richtig losgeht, unterhält man sich erst einmal über das eigene Golfspiel. Was bist Du für ein Spielertyp? Wohin gehen Deine Fehlschläge? Bei welchen Schlägern hast Du öfter Probleme? Wie sind die Tendenzen (Kurven, Flughöhe)? Außerdem werden die statischen Daten Deines Sets erhoben (Länge, Winkel, Gewichtungen) - und natürlich auch das Handicap, wobei das nicht wirklich wichtig ist. Schließlich machst Du Dich warm, schlägst Dich ein wenig ein - und schon kann es richtig losgehen.
Im nächsten Schritt geht es um die Messung der Schläge. Bei einem Eisen-Fitting spielst Du beispielsweise einige Bälle mit Deinem eigenen Eisen 7. Die Ergebnisse werden dabei mit einem Launch-Monitor aufgezeichnet. Dabei gehen nur normal bis gut getroffenen Bälle in die Wertung ein. Es kann also ein wenig dauern, bis etwa acht bis zehn brauchbare Schläge aufgezeichnet sind. Auf Basis der Messdaten (unter anderem Ballgeschwindigkeit, Abflugwinkel, Spin-Rate und Weite) lässt sich im Anschluss gut erkennen, wie gut Dein aktuelles Eisen 7 funktioniert. Eine 7 als das mittleres Eisen verwendet man übrigens deshalb, da die übrigen Schläger analog funktionieren und aufgebaut sind. Du musst also nicht alle Schläger im Bag bei einem Fitting durchspielen.
Im nächsten Schritt wird Dich der Fitter statisch vermessen, das heißt Deine Körperlänge und Armlänge in Relation festhalten. So kann es zwar sein, dass ein sehr großer Spieler generell längere Schäfte benötigt. Wenn er allerdings überproportional lange Arme hat, kann diese Anpassung kleiner ausfallen, als erwartet.
Im Anschluss werden verschiedene Köpfe mit verschiedenen Schäften getestet. Kopf (Form und Technologie) und Schaft (Gewicht, Flex, Torque) und lassen sich, wie es bei allen großen Herstellern mittlerweile Standard ist, stecken und direkt fest verankern. Daher gibt es hier zahlreiche Kombinationen, die Du auf Empfehlung des Fitters schlagen kannst. Ein guter Fitter gibt dabei auf Basis Deiner Daten sinnvolle Empfehlungen und arbeitet sich dann immer weiter zur perfekten Kombination aus Kopf und Schaft voran, ohne dass Du zu viele Bälle schlagen musst (Stichworte: Erschöpfung und Informationsüberflutung).
Dabei werden weiterhin die Schlagdaten aufgezeichnet, um die Ergebnisse messbar zu machen und nicht nur per Gefühl zu beurteilen. Beim Schaft fallen vor allem das Gewicht und die Steifigkeit (Flex) ins Gewicht. Die Einstufung der verschiedenen Steifigkeiten ist leider von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Das bedeutet, dass ein S-Flex von Fujikura nicht genauso hart sein muss wie eine Stiff-Variante von Matrix. Bei Eisen wird gerne generell zwischen Stahl und Graphit unterschieden - aber auch hier gibt es zahlreiche Varianten beim Gewicht, die zu großen Veränderungen bei den Messwerten führen können.
Wenn dann ein oder mehrere geeignete Varianten gefunden wurden, geht es zur Entscheidung. Die Werte aus der Analyse werden noch einmal vergleichen. Natürlich spielen dann auch Optik und Preis eine Rolle. Diese Parameter kann man aber auch schon vor Beginn des Testens festlegen. Letztlich werden noch die Griffdicke und optische Individualisierungen besprochen und festgelegt, ehe der Auftrag für die neuen Schläger in die Werkstatt oder direkt zum Hersteller geht.
Fitting: Hölzer, Wedges und Putter
Beim Fitting der Hölzer ist das Prozedere sehr ähnlich, nur dass die Werte auf wenig Spin, maximale Länge und dabei wenig Streuung ausgelegt sind. Zudem wird bei der Auswahl des Kopfes darauf geachtet, ob Du ihn oft im Sweetspot triffst und wie stark die Performance bei Off-Center-Hits leidet.
Ein wenig anders ist es beim Anpassen der Wedges. Hier kommt es weniger auf volle Schläge an. Entscheidend ist hingegen die Kombination und Anzahl der Wedges (z.B. Gap-, Sand-, Lob-Wedge), die Lofts der jeweiligen Schläger sowie der zum Untergrund passende Bounce.
Beim Putter wird optimalerweise mit dem Analyse-Tool SAM PuttLab gearbeitet, das die Daten beim Putten extrem genau aufzeichnen kann. Auf Basis der Werte kannst Du danach verschiedene Kopfformen ausprobieren und so testen, welche Form am besten zu Deiner Bewegung passt.
- Interview mit dem Spieler (u.a. Spielniveau, Spielhäufigkeit, Trainingsmotivation, Stärken und Schwächen, typischer Ballflug)
- Statische Vermessung der eigenen Schläger (Länge, Winkel, Gewichtungen)
- Warm-Up mit eigenen Schlägern
- Bewertung der Ballflugdaten der eigenen Schläger am Launch-Monitor (Ist-Stand)
- Statische Ausmessung (Körpergröße, Armlänge, Handgröße)
- Vergleich verschiedener Köpfe und Schäfte
- Subjektiven Testsieger festlegen und mit objektiven Daten am Launch-Monitor vergleichen
- Optik und Individualisierungsmöglichkeiten definieren
Technologie ist Trumpf
Beim Anpassen von Schlägern spielt die Technologie mittlerweile eine tragende Rolle. Ein Blick hinter die Kulissen des Fitting-Prozesses.
Technologie und Digitalisierung machen auch vor der Golf-Industrie nicht halt. Im Fitting ist der Einsatz sogar schon recht weit, vor allem in der Analyse. Das statische Fitting, bei dem der Schläger alleine auf die Körpermaße angepasst wurde, gilt als überholt. Gefittet wird mittlerweile hauptsächlich Indoor, denn hier sind die Fehlerquellen für die Aufzeichnung der Daten am geringsten (z.B. Temperatur, Wind, Qualität der Range-Bälle, zu starker Fokus auf das Schlagergebnis). Geschlagen wird dabei auf eine Leinwand, der Ballflug mit einem Launch-Monitor (z.B. FlightScope, Foresight oder TrackMan) vermessen. Radar- und Kamerasysteme zeichnen den Ballflug detailgetreu auf und spielen die Daten in Echtzeit ein. Dazu kommen verschiedene Perspektiven, die den Schwung – und damit den passenden Schläger – identifizieren.
Man kann sagen, dass kaum ein Hersteller oder Fachgeschäft noch ohne Launch-Monitor oder anderen technische Helferlein auskommt. Fitting ist fast schon zum Standard geworden, egal ob bei Golf House, Hohmann oder Golfstore. Einige Marken gehen sogar so weit, dass sie ihre Schläger ohne Anpassen gar nicht mehr verkaufen. Bei einem sinnvollen Fitting kommt es dann jedoch auch auf die Dateninterpretation an. Denn die Technik kann es alleine nicht richten. Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine ist entscheidend. Marco Burger von HIO Fitting erklärt: „Die beste Messtechnik hilft nichts, wenn man die Ergebnisse nicht richtig interpretieren kann.“ Seiner Einschätzung nach sind ein Drittel Technik und Analyse, ein weiteres die Interpretation und der übrige Teil dann die fachgerechte Umsetzung im Schlägerbau. „Läuft ein Part schief, bringt es am Ende nichts“.
Die Videos stammen aus dem Online-Kurs »Golfschläger-Fitting«. In diesem Kurs lernst Du den Ablauf und die Vorteile eines Fitting kennen.